Peter-Heinz Seraphim

Quelle: Archiv

* 15. September 1902 Riga 
† 19. Mai 1979 Rosenheim
Vater: Journalist, Hauptschriftleiter
Konfession: evangelisch

Als Schüler kämpfte Seraphim in der Baltischen Landwehr (ausgezeichnet mit dem Baltenkreuz) und nahm an Gefangenenerschießungen teil. Die Reifeprüfung legte er in Königsberg ab. Er studierte in Dorpat, Königsberg, Graz und Breslau Volkswirtschaft und wurde 1924 mit einer Dissertation über das Eisenbahnwesen Sowjetrusslands zum Dr. rer pol. promoviert. Von 1924 bis 1926 war er Assistent am Institut für ostdeutsche Wirtschaft in Breslau, von 1926 bis 1930 Redakteur der Königsberger Allgemeinen Zeitung für Kommunalpolitik. 1930 wurde er Assistent, später stellvertretender Direktor am Institut für Osteuropäische Wirtschaft der Universität Königsberg. Seit 1934 arbeitete er an einer Studie über das „Judentum im Osteuropäischen Raum“ die 1938 gedruckt wurde. Später verfasste er weitere Schriften, in denen er einen Zusammenhang zwischen angeblicher „Überbevölkerung“ und den Juden konstruierte, und daraus die Forderung ableitete, diese aus Osteuropa zu entfernen. Im Wintersemester 1936/37 war Seraphim beurlaubt und erhielt eine militärische Ausbildung bei der Flak. Er habilitierte sich 1937 an der Universität Königsberg für Volkswirtschaft. Bereits 1938 erhielt er einen Lehrauftrag und amtierte von 1938 bis 1940 als Lehrstuhlvertreter in Königsberg. Im August 1939 eingezogen, war er bis August 1940 in der Heeresverwaltung des Generalgouvernements eingesetzt. Im Januar 1941 wurde er mit der Vertretung der vakanten Professur für Volkswirtschaftslehre an der Universität Greifswald betraut und mit dem Datum 1. Juni 1941 zum außerplanmäßigen Professor ernannt (Nachfolge Oberländer). Ende Juni 1941 wurde Seraphim erneut eingezogen und als Oberkriegsverwaltungsrat zur Rüstungsinspektion der Ukraine abgeordnet. Im November 1941 wurde ihm Arbeitsurlaub erteilt, um die Chefredaktion der antijüdischen Zeitschrift „Weltkampf“ zu übernehmen. Diese Position gab Seraphim aber rasch auf und wandte sich anderen Fragestellungen zu. Im Auftrag der NSDAP-Gauleitung und der Gauwirtschaftskammer baute er ab 1942 das Oder-Donau-Institut auf, das sich mit wirtschaftswissenschaftlichen Fragen der Länder zwischen Ostsee und Schwarzem Meer beschäftigen sollte, sich jedoch sehr stark auf Skandinavien konzentrierte. Im November 1944 wurde Seraphim zur Flak eingezogen und das Institut auf die Insel Rügen verlagert. Seraphim wurde im Februar 1945 zu einem Offizierslehrgang nach Wolfenbüttel versetzt und geriet in britische Kriegsgefangenschaft. Er wurde im Mai 1945 an die Amerikaner überstellt und zur Befragung in die USA in das Camp Ritchie bei Washington gebracht. Hier interessierte man sich vor allem für die Infrastruktur, Wirtschaft und Bevölkerung Osteuropas. Im Juli 1946 kam er zurück, wurde als „Mitläufer“ entnazifiziert und in die Organisation Gehlen eingegliedert. 1949 veröffentlichte er mit Co-Autoren ein Buch über Osteuropa (gemeinsam mit Reinhart Maurach und Gerhard Wolfrum: „Ostwärts der Oder und Neiße. Tatsachen aus Geschichte–Wirtschaft–Recht“), dem unzählige Studien über Schlesien, Pommern und die Heimatvertriebenen in der DDR folgten. 1950 vertrat er einen Lehrstuhl an der Universität München und erhielt später einen Lehrauftrag. Trotz seiner Verankerung in der westdeutschen Ostforschung gelang ihm die Rückkehr an die Universität nicht. 1954 wurde er Studienleiter der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Bochum. Ab 1957 wurde Seraphim mehrfach zum Ziel von Kampagnen, die seine Rolle im Vernichtungskrieg thematisierten, aber ungenau darstellten. Deshalb blieb er im Amt, das er erst 1967 mit Erreichen des 65. Lebensjahrs niederlegte.

O.: 1933 SA; am 1. Mai 1933 Aufnahme in die NSDAP (Mitglied Nr. 2 331 678), NSV, NSD-Dozentenbund
Qu.: UAG PA 433 Seraphim; K 731; BA Berlin 4901/13277 Karteikarte Seraphim, Mitgliedskarte Ortskartei; Petersen, Hans-Christian: Bevölkerungsökonomie–Ostforschung–Politik, Osnabrück 2007.